Monatstexte Archiv

Monatstext für November 2024

Wo das Licht hingeht: Jetzt die langen Schatten bewohnen, das flache Sonnenflirren in goldenen Bäumen, das blaue Band der Abendluft und mit den Nebeln der frühen Nacht ins Schweigen sinken, in die Klarheit, die im Wissen der Herzmitte wacht. Jetzt die Fessel aus Zweifel und Zähmung lösen, das enge Netz, das uns in Raum und Zeit verstricken will und sich das Wort des Wiederfindens geben. Wer jetzt über die Dunkelheit hinweg liebt, weiss wo das Licht hingeht und geht mit ihm. Maryse Bodé

Monatstext Oktoberneumond 2024

Herbstneumond/Tanzteppich vertikal: Unter dem Gewölbe des Lichts, wo sich Zeit und Raum ans Universum lehnen, dort zwischen tiefsten Tiefen, höchsten Höhen, werden wir entblösst, im Herbstlicht gebadet und im Duft letzter Rosen vom Kosmos ausbalanciert. Etwas in uns greift den Lichtton neu, wiegt das Geheimnis im Herzkern. Und das Schauen, sonnenhaft, fällt mit dem Lichtstrahlenplissee in die Leuchtbuchen: Tanzteppich vertikal. Copyright Maryse Bodé / 29.9.24

Herbstbeginn 2024

Chaos jetzt, breitfächerig bloss gelegt, lockert das Auge auf, macht durchlässig und weit und in den vielen Fragen, zögernd noch ins Leere gesprochen, erwacht feurig die Antwort. Sie holt das Ohr ins flatternde Herz, lässt stillstehen, was Lüge ist und Gier. Und die Schweigeminute, im ersten Zorn. dreifach übers Wasser gespuckt, wird tausendfach gestreutes Gebet, das im Schmelztiegel Welt neue Glut gebärt, Bewusstseinsstrom fürs Weitergehen, damit sanft und doch unbändig stark der Kosmos auf neuen Ebenen in unseren Herzräumen erwacht. Maryse Bodé

Monatstext für September 2024

Karawane des Lichts: Schau, über dem Berg gleissendes Licht. Lässt im zarten Blau Wolkenaugen leuchten. Sie erzählen von herausgehoben sein aus Schwerem und Verlust. Sie fahren mit uns über jene Himmel, wo Tiefinniges und Umarmung haust und die Karawane des Lichts uns geheimnisvoll in neue Zonen des Urlebendigen begleitet. Maryse Bodé Aus: "Wie hochgeworfenes Licht"

Monatstext für August 2024

Liegen wie auf einem Boot, dem Ufer aus jauchzendem Grün entlang, die Füsse voran ins gespiegelte Rosenmeer. Ein Ginkgoblatt zittert in der Bruthitze. Ich ströme durch die üppige Gewürzfenchelzone, dahin unter der Königskerze, pflücke mir ihr Sonnengelb in den Mund und das Rot der Gold-melisse und trage den Garten in mir wie ein Meer, das die Seele schiffbar hält, wenn sie zwischen den Bergrücken ankert. Maryse Bodé

Monatstext für Juli 2024

MORGENFRÜHE: Noch geht die Nacht schwebend durch den Olivenhain und während sich das Meer mit weissen Kronen schmückt, hüllen mich die alten Gesänge der Insel ein. Schon in aller Frühe wiegt sich der Distelfink in stacheligen Blütenzonen, lockt mich aus Nachtschwere ins flirrende Licht. Sonne kitzelt Erstarrtes wach, ruft mich zu den blauen Wassern. Sie spiegeln Azur bis tief ins Schwarz, lassen sich vom Wind die Wellen kraulen. Ein Surfer flitzt vorbei, hebt ab zum Sprung und Jauchzer. Copyright Maryse Bodé

Monatstext für Juni 2024

IMPULS: Mit Worten das Schweigen brechen und doch das Unsagbare zwischen den Zeilen hängen lassen, wie ein Einatmen, der beim Ausatmen die innere Essenz als Omen, Amen oder alles zulassenden Hauch ins nächste Wort legt. Mit Worten wie Wellen den stillen Fluss in uns bewegen, den Lebensstrom. Mit Worten aus Licht & Schatten durch Sommergärten wandern, um das Blühen dort zu belauschen und hervorzuheben. Mit Worten Formen erschaffen, Linien, Unendlichkeiten, die plötzlich in ein Bild steigen, um sich zu dehnen oder zusammen zu ziehen, zu wachsen oder sich nebelhaft zu verschleiern, je nachdem auf welchen Urgrund sie fallen. Mit Worten Spannung erschaffen, im Zusammenspiel von grünem Herz-Atem, Türkislicht, rotem Sturm, blauer Ruhe und weissem Gesang, bis sich Tanz in die Füsse legt und Klang den Bogen spannt vom Anfangswort zum Schlusswort und zurück zum Beginn, um den inneren Kreis zu schliessen und auf geheimnisvolle Weise ins Summen der lebendigen Mitte zu locken. Maryse Bodé /Foto: Garten der Stille

Monatstext für Juni 2024

Wer im Fluss liegt findet zur Quelle. Wer den Baum, das Haus der Lüfte bewohnt, liest in allen vier Winden. Wer den Ruf der Eule hört, ihr in die Augen schaut, sieht wie aus Ur-Seele gewordene Form in unendlichem Werden Raum und Zeit betritt, während du dich zwischen Flüsterquelle und tosende Brandung spannst, um zu wissen wie der Trommelschlag der Erdgöttin klingt. Sie schürt das Feuer unter deinen Füssen, die Kraft deiner Hand, mit der du ihr aus Steinwüste und Waldmoder, aus Schutt & Asche das Gesicht befreist. Auf Ihren Lippen lächelt das wilde Tier, berührt vom Wandelflug des Falters. Maryse Bodé Aus: Steinbruchprojekt mit Kari Joller, Gisikon

Monatstext für Mai 2024

Das Betrachten der Welt: ein schöpferischer Akt. Wir lassen die Blumen tanzen, die Wolken sich küssen, pflanzen Bäume, umarmen sie. Doch kreist der Adler über dem Berg, ist das in Zeichen, ein Aufruf, über den Rand der Welt zu blicken. Wie alles Geheimnisvolle, entschwindet auch er bei unserem Revieranspruch, lässt uns vor leerem Himmel stehen, aus dem sogar die Sterne fallen, weil es nichts zu besitzen gibt, ausser ein Ohr voll Stille, ein Herz voll Rosen, eine Handvoll Licht. Maryse Bodé

Monatstext für April 2024

WORT, du Wildtier der Nacht, fällst ein in Zonen der Stille, stürzest vorbei am Kopfnest herzüber in die Füsse. Du kitzelst Tanz mit Sprache frei. Ich rufe ‘présent’ wenn du mich packst und herumwirbelst im Tangoschritt im Wortfeuer der Liebe, zertanze Verrat und alles was uns den Frühling versengt und das Wort Krieg in den Knospen hat. Maryse Bodé/Bild: Manuel Kleinert, 2000
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